Umspannwerk Borgholz
Die Geschichte der Stromversorgung in Borgholz
Die Basis für den heutigen „Strom aus der Steckdose“ entwickelte Michael Faraday bereits 1831 mit seinen Untersuchungen zur elektromagnetischen Induktion. Durch diese Grundlagenforschung war es möglich, mechanische Leistung in elektrische Leistung umzusetzen. Die Erfindung der Dynamomaschine durch Werner Siemens im Jahre 1866 läutete dann den Siegeszug der Elektrotechnik ein. Das sich letztendlich die Wechselstromtechnik durchsetzte, war der Entwicklung von Transformatoren, zwischen 1870 und 1910, als wesentliche Komponenten von Stromnetzen zu verdanken.
In den folgenden Jahrzehnten wurden zunächst Kleinkraftwerke zur Versorgung von Städten und Industriestandorten errichtet. Auf Betreiben des Preußischen Staates wurden dann Staatliche Elektrizitätsämter und Überlandzentralen gegründet, um zusammenhängende Versorgungsgebiete zu schaffen.
In 1913 erfolgte Baubeginn der 60 KV Hochspannungsringleitung von Eder- und Diemeltalsperre über Borgholz nach Hardegsen.
Im März 1914 schlossen die Gemeinde und der Kreis Warburg einen Vertrag, nach dem die Gemeinde den gesamten Strom für Borgholz kaufen und dann in eigener Regie an die Verbraucher weiterverkaufen sollte. Ebenfalls im März 1914 begann die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft (AEG) mit dem Bau des Ortsnetzes. Eine elektrische Straßenbeleuchtung war ebenfalls vorgesehen. Neun Hausanschlüsse wurden fertiggestellt, dann brach der Krieg aus. Menschen und Material wurden zu anderen Zwecken dringender benötigt und die Arbeiten am Ortsnetz eingestellt. Im Januar 1915 hatte die Gemeindevertretung beschlossen, Borgholz an die geplante Überlandzentrale des Kreises Warburg anzuschließen. lm November und Dezember 1915 begannen die Trassierungsarbeiten für die Fernleitungen. Das Kreisleitungsnetz nahm Borgholz zum Ausgangspunkt, da hier der Haupttransformator der Kreise Warburg, Hofgeismar und Höxter – das heute noch vorhandene Umspannwerk – errichtet werden sollte.
Die Stromabnahme war damals auch schon infolge unterschiedlicher Beanspruchung durch die Verbraucher im Laufe eines Tages, der verschiedenen Wochentage und Jahreszeiten starken Schwankungen unterworfen. Alle Erzeugungs- und Verteilungsanlagen mußten für die maximale Belastung ausgelegt sein, außerhalb der Spitzenzeiten waren sie nicht voll ausgelastet. Eine gleichmäßige Belastung wurde erreicht, wenn geeignete Verbraucher in Spitzenzeiten gesperrt bzw. in Schwachlastzeiten zugeschaltet werden. Aus dem Grund hatte das Umspannwerk von Anfang an eine Warte, welche mit fachkundigem Personal besetzt war. Um den ganzen Tag für Eingriffe bereit zu stehen, arbeiteten in der Warte 3 Personen. Hierzu wurde bereits zu Beginn ein Wohnhaus neben dem Umspannwerk gebaut, um kurze Wege im Bereitschaftsdienst zu haben.
Die Inbetriebnahme der ersten Turbinen KW Hemfurth I an der Edertalsperre fand 1915 statt.
Im Juni 1919 wurde ein Vertrag mit dem Zweckverband Überlandwerk Edertalsperre in Kassel über den weiteren Ausbau des Ortsnetzes unterschrieben. Die Bauarbeiten dauerten vom 11. Januar bis zum 1. Mai 1920. Die Fernleitung endete im Transformatorenhaus im Kattwinkel. Von dort führten Freileitungen an Holzmasten entlang der innerörtlichen Straßen den Strom zu den Endverbrauchern. Am 28. September 1920 wurde die Anlage in Betrieb genommen. Die Fernleitungen von (Hann.) Münden, Hardegsen und Büren führten 50 Hertz Wechseltrom mit einer Spannung von 60.000 Volt und die Fernleitung von der Edeltalspeer und der KAE Höxter 15.000 Volt. Im Umspannwerk Borgholz wurde der Strom der Fernleitungen mit 15.000 Volt auf 380/230 Volt transformiert und den Verbrauchern im Ort zur Verfügung gestellt. Durch die helle, sichere und bequem zu handhabende Beleuchtung war zweifellos ein gutes Stück Lebensqualität in die Häuser eingezogen. Allerdings brannte in den meisten Haushalten zunächst nur eine elektrische Lampe, da man die Kosten der neuen Beleuchtung scheute und Lampen in jedem Zimmer für einen unerhörten und überflüssigen Luxus hielt.
Die Zurückhaltung im privaten und öffentlichen Bereich ist bei einem Lichtstrompreis von 2,50 Mark für die Kilowattstunde (ab Januar 1921) verständlich. Noch im selben Jahr reklamierte die Gemeinde Borgholz, dass die Netzverluste mit 19,6 % zu hoch seien. Der Zweckverband Überlandwerk Edertalsperre Cassel beantwortete diese Reklamation mit der Aussage, dass normalerweise die Verluste bei 20 – 25 % liegen, da das Netz aus Eisen und Aluminium besteht. Somit hätte man in Borgholz sogar noch einen guten Wert.
Die Gemeinde Borgholz weigerte sich 1921 die Kosten für das Ortsnetz von 223.900 Mark zu zahlen, da der Kostenvoranschlag vor dem Krieg 1914 nur 15.480 Mark ausgewiesen hat.
Erst im Herbst 1922 stimmte die Stadtvertretung der Anlage von elektrischem Licht in einem Schulzimmer zu, damit dort abends die ländliche Fortbildungsschule abgehalten werden konnte. 1923 wurde der Ausbau des Netzes im Kreis Höxter beendet. Im November 1928 bat Lehrer Buscher aus gleichem Grund um die Ausstattung eines zweiten Klassenzimmers mit elektrischem Licht.
Im Juli 1954 wurde der 60 KV (KV entspricht 1000 Volt) Anschluß nach Vörden in Betrieb genommen.
Die Eigenversorgung des Umspannwerkes von 127/220 V auf 220/380 V erfolgte im Juni 1963. Im gleichen Jahr begann man mit dem Aufbau einer 20 KV Schaltanlage.
Das Umspannwerk Borgholz hatte in der Zeit von 1980 bis 1994 für das Sicherheitssystem des Atomkraftwerkes Würgassen eine wichtige Funktion. Eine unterirdische 30.000 Volt Leitung verband diese beiden Anlagen. Somit bestand eine zusätzliche sichere Versorgungsmöglichkeit mit Notstrom. Ein Unfallszenario wie in Fukushima wäre damit ausgeschlossen gewesen.
Im Jahr 2017 wurde das Umspannwerk in Borgholz nach zwei Jahre dauernden Umbau- und Erweiterungs-Maßnahmen ans Netz genommene. Die Betreibergesellschaften Energieversorgung Mitte (EAM) und Avacon investierten gemeinsam neun Millionen Euro in den umfassenden technischen Neubau der Anlage. Die EAM-Tochter Energie-Netz-Mitte zeichnet als Netzbetreiber verantwortlich. Das Umspannwerk, auf einem 15.000 Quadratmeter großen Areal an der Natinger Straße gelegen, versorgt die Städte Borgentreich, Willebadessen sowie Teile von Bad Driburg, Brakel, Warburg und Trendelburg mit Strom. Der Umbau war u.a. erforderlich, um die zunehmende Stromeinspeisung aus dezentralen regenerativen Erzeugungsanlagen aus der Region aufnehmen zu können. Es wurden neben der Verstärkung und dem Bau neuer Leitungen auch zusätzliche Verbindungen zwischen dem Mittelspannungsnetz und dem Hochspannungsnetz umgesetzt. Die neue Umspannwerkanlage ist die Basis für den Anschluss weiterer dezentraler Erzeugungsanlagen, insbesondere von Windkraftanlagen. Das neue Schaltgebäude der EAM beherbergt eine hochmoderne Mittelspannungsschaltanlage, deren Größe auf die zahlreichen Einspeisungen aus erneuerbaren Energien in der Region zurückzuführen ist. Dank der eingebauten Technik können sämtliche Daten in der Netzleitstelle von Energie-Netz-Mitte sekundengenau abgelesen werden. Im Störungsfall sind mehrere Rückfallebenen vorgesehen, von der Fernsteuerung durch das Personal der Leitstelle bis hin zum manuellen Eingriff durch die Techniker vor Ort. Die Technologie ermöglicht die präzise Lokalisierung von Störungen im Stromnetz bis auf den Meter genau, sollte diese von Teilen des Netzwerks in den Dörfern ausgehen.
Zusammenfassend können Umspannwerke als Schlüsselkomponenten des Stromnetzes betrachtet werden, die dazu dienen, die Übertragung und Verteilung von elektrischer Energie zu optimieren, die Netzstabilität sicherzustellen und eine effiziente Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu gewährleisten.
Weitere Informationen zum Umspannwerk Borgholz
Umspannwerk Aufbau
Modernisierung Umspannwerk 2017
Besuch im Umspannwerk 2023